Friedhofskirche St. Stephan

Digitaler Kirchenführer

Stadtgemeinde Horn (ehem. Pfarrkirche)

Geschichte

Patrozinum: hl. Stephanus (Fest am 26. Dezember)

360° Rundgang durch die Stephanskirche

Bereitgestellt von: Stadtgemeinde Horn

Die westlich des Stadtkerns etwas erhöht gelegene Stephanskirche ist die älteste Kirche von Horn. Sie ist vom Friedhof umgeben und wird heute im Gegensatz zur zentral am Hauptplatz stehenden Marktkirche St. Georg auch als Friedhofskirche bezeichnet. Beim Aufgang zur Kirche (Prager Straße) steht ein Bildstock mit der Widmungsinschrift eines Horner Lederers und seiner Frau aus dem Jahr 1675. Die komplexe Baugeschichte von St. Stephan, die bis ins 11. Jahrhundert zurück geht, konnte insbesondere im Zuge der 1978-1984 durchgeführten Renovierung durch archäologische Grabungen und Freilequnqsarbeiten genauer erforscht werden (vgl. Literatur: Seebach 1983, Bergauer 2000).

Der Kirchenbau und seine Geschichte

Die Kirche, die rein äußerlich heute vor allem durch den von Strebepfeilern umgebenen gotischen Chor mit den barocken Kreuzwegstationen und den nördlich ange bauten barockisierten Turm mit Zwiebelhelm geprägt ist, entstand in folgenden Bauepochen:

1. Romanische Bauphasen

Die erste bekannte romanische Kirche war eine Saalkirche mit halbrunder Apsis (Kirche des Grafen Gerold aus dem 11. Jahrhundert) Baugeschichte Im Jahr 2000 veröffentlichte L. Bergauer in seiner Diplomarbeit einen Rekonstruktionsvorschlag für diese älteste Kirche (siehe Abb.). Sie besaß demnach im Westen eine integrierte Herrschaftsempore im Bereich des heutigen Chorbogens. Im 1. Drittel des 12. Jahrhunderts dürfte die Kirche dann in einer zweiten romanischen Bauphase ein größeres Langhaus erhalten haben, von dem Teile des aufgehenden Mauerwerks (z. B. im Bereich der heutigen Orgelempore) erhalten sind. In einer dritten Phase (Mitte 13. Jahrhundert) wurde dann das nördliche Seitenschiff mit Arkaden angebaut. An der westlichen und mittleren Arkade der Langhaus-Nordwand konnte 1983 eine mittelalterliche Architekturpolychromie Quadermalerei mit Farbwechsel, vor 1280) aufgedeckt werden, die nach der Dokumentierung wieder verputzt wurde, ferner der kleine, nun abgeschlagene Rest einer etwa zeitgleichen Wandmalerei. Der Anbau an der Südseite des Langhauses wurde anlässlicgder letzten Renovierung fast vollständig erneuert. Im Zuge dieser Bauarbeiten kamen auch romanische Rundbogenfenster (jetzt wieder verdeckt) zum Vorschein, ebenso das gotische Nordportal, an dessen Stelle auch schon ein romanisches Portal bestanden haben dürfte.

2. Gotische Bauphasen

Im 14. Jahrhundert wurde die Kirche mehrfach umgebaut (Baubeginn It. Seebach/Bergauer um 1325/30): Es begann mit dem Neubau des Chores in gleicher Breite wie das romanische Langhaus, wobei Einzelformen auf enge Bezüge zur mittelalterlichen Kirche von Stift Altenburg hinweisen. Dem folgten im Sinne einer Angleichung von Chor und Kirchenschiff umfangreiche Baumaßnahmen am Langhaus (Südportal, Westempore, Erhöhung der Hauptmauern, Einziehen einer neuen flachen Holzdecke) und schließlich die Aufgabe des nördlichen Seitenschiffes. An dessen Stelle wurde noch im ausgehenden 14. Jahrhundert durch Christoph Weikerstorffer die Katharinenkapelle als baulich eigenständige „Grab-“ bzw. „Stifterkapelle“ errichtet; sie wurde 1396 sogar mit einem eigenen Kaplan bestiftet.

3. Barocke Bauphasen

Im späten 17. Jahrhundert wurden in den Nischen zwischen den Strebepfeilern rund um den Chor acht barocke Kreuzwegstationen eingerichtet. Die durch Pultdächer gedeckten Stationen enthalten monumentale Figurengruppen mit bemalten Hintergründen. Die Inschriften in der Pietà-Nische laden die Gläubigen zu meditativen Betrachtungen zur Passion Christi ein; die dargestellten Szenen beginnen an der Nordseite mit dem Abschied Christi von seiner Mutter und enden südwestlich mit der Grablegung (siehe Orientierungsplan A-H). Uber der Kreuzigungsszene (F) ist ein 1952 restauriertes, barockes Christophorusfresko angebracht. Im 18. Jahrhundert wurde das Langhaus mit neuen Fenstern versehen und das bestehende Stichkappentonnengewölbe eingezogen. Auch die Einrichtung der Kirche stammt weitgehend aus barocker Zeit. Der im Kern vermutlich noch mittelalterliche, im 18. Jahrhundert barockisierte Glockenturm erhielt 1812 den bestehenden Zwiebelhelm. 

Innenraum und Einrichtung

Man betritt die Kirche durch den südlich angebauten, erneuerten Vorraum mit dem freigelegten gotischen Portal. An das im Kern romanische, in der Gotik erhöhte und in der Barockzeit mit einem Stichkappentonnengewölbe versehene Langhaus schließt sich im Osten der gleich breite gotische Choran. Er ist zweijochig mit polygonalem Schluss und besitzt ein Kreuzrippengewölbe mit runden Schlusssteinen sowie Maßwerkfenster. Wir beginnen den Rundgang durch die Kirche im Langhaus rechts beim Eingang: 
Aufsatz eines ehem. „Fegefeuer-Altares“, Kruzifix über den armen Seelen, mit Blattwerkrahmen, 1703. Der HI. Geist und Gottvater ganz oben bilden mit dem gekreuzigten Heiland eine Darstellung der HI. Dreifaltigkeit. Für die Horner Kunstgeschichte bedeutsame Grabplatte mit Relief des auferstandenen Christus für den 1673 verstorbenen Bildhauer und Horner Ratsbürger Caspar Leusering; von ihm stammt u. a. der Hochaltar der Stephanskirche. Nicht mehr häufig zu finden ist in unseren Kirchen eine Kanzel aus gotischer Zeit. Diese spätgotische Steinkanzel wurde um 1495/1500 vom damaligen Horner Pfarrer Veit (Inschrift auf dem Schriftband: „Hoc opus fecit fieri dominus Vitus, plebanus huius ecclesiae“) angeschafft, allerdings für die Filialkirche St. Georg. Erst 1772 wurde sie, da die Georgskirche nun eine barocke Kanzel erhielt, hierher in die Stephanskirche übertragen. Den achteckigen Kanzelkorb zieren von Wimpergen gekrönte Dreipassfelder; darin rekonstruierte Malereien der vier Evangelisten, in barocker Art. Den Hochaltar mit seinem frühbarocken Aufbau in schwarz-goldener Fassung schuf im Jahr 1647 der bereits erwähnte Horner Bildhauer CASPAR LEUSERING. Das Altarblatt zeigt kniend den Kirchenpatron hl. Stephan vor seiner Aufnahme in den Himmel; der Märtyrer und Erzdiakon St. Stephanus wurde, wie im Hintergrund sichtbar, wegen seines Festhaltens am christlichen Glauben gesteinigt. Der zweite, häufig mit ihm gemeinsam dargestellte Erzdiakon St. Laurentius mit dem Rost ist im Oberbild zu sehen. Das Hauptbild unten flankieren die Statuen der hl. Apostelfürsten Petrus und Paulus, während oben im Auszug die beiden Pestpatrone Sebastian und Rochus und darüber als Kreuzigungsqruppe Christus mit Maria und Johannes dargestellt sind. Die Türen der Opfergangsportale zeigen die Verkündigung der frohen Botschaft an Maria. An den seitlichen Chorwänden haben sich noch Sessionsnischen erhalten, die einst den Zelebranten als Sitzgelegenheit ährend der Messe dienten. Sie stammen noch aus der Zeit des Chorbaues, wurden aber später teilweise verändert. Das einstige Sakramentshäuschen (in der Apsis), das in der Gotik zur Aufbewahrung des Allerheiligsten diente, wurde 1573, in der Zeit des Protestantismus, vermauert. Zwar konnte es im späten 19. Jahrhundert wieder aufgedeckt werden, von der ursprünglichen Verzierung ist aber nichts erhalten geblieben. An der linken Chorwand ist die Deckplatte der Puchheimergruft von 1577 angebracht. Veit Albrecht von Puchheim ließ nach dem Tod seiner Gattin und seiner Mutter im Jahr 1577 in der Pfarrkiche St. Stephan eine neue Familiengruft errichten, in der bis 1620 mindestens 16 Personen bestattet wurden. 1805 wurde die Gruft geöffnet, die gefundenen Gebeine bestattete man damals auf dem Friedhof. Als man die teilweise innerhalb der ehemaligen romantischen Halbkreisapsis liegende Gruft 1983 wieder aufdeckte, wurden die sterblichen Überreste der 1805 Bestatteten wieder in der leeren Gruft beigesetzt. Über der Deckplatte und links davon sind drei interessante, in der Art des Caspar Leusering geschnitzte Holzepitaphien (um 1660) angebracht. Sie sind ähnlich wie Altarretabeln gestaltet und zeigen auf den drei Hauptbildern die Passionsmotive Ecce Homo, Beweinung Christi sowie Christus am Kreuz mit Maria. Die barocke Madonnenstatue (Mitte 17. Jahrhundert) wurde 1983 hier angebracht. Der um 1730 entstandene, dekorativ geschnitze Seitenaltar ist dem aus Böhmen stammenden hl. Johannes Nepomuk (1345-1393) gewidmet. Der Priester und christliche Märtyrer wurde wegen seiner konsequenten Wahrung kirchlicher Rechte gefoltert und schließlich von der Moldaubrücke in den Tod gestürzt. Er wurde 1729 heiliggesprochen und vor allem als Wahrer des Beichtgeheimnisses und als „,Brückenheiliger“ verehrt. Darauf nimmt auch die Relief-Darstellung über der Mensa Bezug. Sie  dient im Sinne eines barocken Illusionismus gewissermaßen als Beglaubigung der Apotheose (Verherrlichung) des Heiligen, die im Altarbild darüber dargestellt ist. Nicht eindeutig bestimmbar sind die vier geschnitzten Frauengestalten, vermutlich personifizierte Tugenden, die sich auf den Heiligen beziehen: Gerechtigkeit (mit Schwert) und Starkmut (mit Säule): laut älteren Beschreibungen hatten zwei Fiquren früher auch die Attribute Anker (= Hoffnung) und Kreuz (= Glaube). Das barocke Votivbild aus dem Jahr 1681 zeigt die Schutzmantelmadonna unter der Heiligen Dreifaltigkeit, ferner die auch als Pestpatrone verehrten hll. Sebastian, Rochus und Rosalia; am unteren Bildrand ist eine der ältesten erhaltenen Ansichten von Horn zu erkennen. Barocke Orgel von JOHANN HENCKE, 1738, mit Rückpositiv von ANTON PFLIEGLER, 1776; unter der Empore an der Westwand Pietà-Figur, um 1920. Vorraum zur Katharinenkapelle, an der Wand Grabsteine des 17. Jahrhunderts. Katharinenkapelle Die gegen Ende des 14. Jahrhunderts errichtete gotische Kapelle besitzt ein Kreuzrippengewölbe mit Schlusssteinen; diese zeigen die Muttergottes mit dem Kind sowie die Kapellenpatronin, die frühchristliche Märtyrerin hl. Katharina von Alexandrien mit dem Schwert (Farbfassung nicht ursprünglich). Der Raum dient seit 1983 als Werktagskapelle. Hinter dem Volksaltar steht an der Wand ein spätbarockes Herz-Jesu-Bild in einer prunkvollen Rokokorahmung mit Anbetungsengeln und Reliquiaren; rechts davon Wandtabernakel und ehemalige gotische Sakramentsnische, darüber barocke Figur hl. Sebastian. Links vom Altar ist ein moderner Bildteppich des Horner Künstlers HERBERT PUSCHNIK angebracht. Der hier dargestellte stilisierte Lebens- baum symbolisiert „die Menschheitsgeschichte vom Anfang über die Erlösung durch den Kreuzestod Christi bis zur neuen Welt im Sinne des Himmlischen Jerusalem“ (H. Puschnik); weiter links an der Wand sechs Grabsteine für Horner Bürger (16.-18. Jahrhundert). Die jetzigen, teils ornamentalen Glasmalereien stammen von 1928.

Literaturquelle: Die Kirchen der Stadt Horn, Verlag St. Peter – Erzabtei St. Peter, 5010-Salzburg, Textzusammenstellung: Mag. Reinhard Weidl, Erste Auflage 2009, Herstellung: Laber Druck, Oberndorf

Der Schlüssel für eine Kirchenbesichtigung kann erbeten werden bei:
Pfarrbüro Thurnhofgasse 19 (zu den Öffnungszeiten)
02982/2312

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